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Ausführungen im Urteil des OVG des Saarlandes zu den Besonnungsgutachten
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Dr.-Ing. Peter Goretzki Gegengutachten zum Gutachten K.
Anforderungen an Besonnungsgutachten
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Auszug aus dem Urteil
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Normenkontrolle gegen Bebauungsplan; Errichtung von Mehrfamilienhäusern; Verschattung des Bestandsgebäudes (Senioren- und Pflegeheim); Überschreitung der Nutzungsobergrenzen.
Gericht: Oberverwaltungsgericht des Saarlandes 2. Senat
Entscheidungsdatum: 17.12.2020
Aktenzeichen: 2 C 309/19
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4. Im Einzelnen zu einer dem Plangeber zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vorliegenden methodisch und inhaltlich unzureichenden "Verschattungsstudie" und zu der Auswirkung dieses Mangels auf das Abwägungsergebnis:(Rn.33)
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I. Der von dem Stadtrat der Antragsgegnerin am 18.6.2019 und ergänzend am 30.6.2020 beschlossene Bebauungsplan Nr. ... „J.“ ist unwirksam.
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Der Bebauungsplan leidet jedoch an einem Ermittlungs- und Bewertungsfehler im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 BauGB. Die Ermittlung und Bewertung der Auswirkungen der Planung auf die Belichtung des Seniorenwohn- und Pflegeheims ist defizitär (dazu 1.). Zum anderen ist die Überschreitung der Obergrenzen des § 17 BauNVO nicht gerechtfertigt (dazu 2.).
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a. Hinsichtlich der von der Antragstellerin angesprochenen Verschattungsproblematik, die einen bei der Abwägung zu berücksichtigenden Belang darstellt, weil sie die Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse im Sinne von § 1 Abs. 6 Nr. 1 BauGB betrifft, stellt die der Abwägung der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Verschattungsstudie der K. vom 11.4.2019 keine ausreichende, tragfähige Grundlage für die Beurteilung der durch das Planvorhaben verursachten Verschattung des Bestandsgebäudes dar, weil die Studie methodisch und inhaltlich defizitär ist.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsvorschriften, welche für den Fall einer Verschattung die Grenze des Zumutbaren konkretisieren, nicht ersichtlich. Die DIN 5034 dürfte - so das Bundesverwaltungsgericht - hierfür nicht geeignet sein. Dass hygienische oder gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht drohen, genüge jedoch nicht, um die Zumutbarkeit einer Verschattung zu bejahen. Auch Beeinträchtigungen der Wohnqualität müsse ein Planbetroffener nicht bis zur Schwelle von Gesundheitsgefahren ohne Ausgleich hinnehmen. Mangels anderer Maßstäbe beurteile sich die Zumutbarkeit der Verschattung nach den Umständen des Einzelfalls.
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Die Verschattungsstudie der K. vom 11.4.2019 ist nicht ergiebig und undifferenziert.
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Die vierseitige Ausarbeitung befasst sich zunächst mit allgemeinen Ausführungen zur Aufgabenstellung und zu den Bewertungsgrundlagen. Die Besonnungsverhältnisse wurden nach der DIN 5034-1:2011-07 und der europäischen Norm DIN EN 17037:2019-03 berechnet. Auf Seite 3 der Verschattungsstudie findet sich sodann eine Tabelle mit Empfehlungsstufen (gering, mittel, hoch) und der jeweiligen zugeordneten Besonnungsdauer (1,5 h, 3,0 h, 4,0 h). Sodann heißt es, der Bezugspunkt solle hier in der Mitte der Fensterbreite und mindestens 1,2 m über dem Boden und 0,3 m über der Brüstung der Tageslichtöffnung liegen. Unter der Überschrift „Vorgehensweise“ wird ausgeführt, zunächst seien die relevanten Gebäude digitalisiert worden. Zur Quantifizierung der Besonnungs-/Verschattungsverhältnisse würden für die Stichtage die Sonnenstände in unterschiedlichen Höhen (über Grund) berechnet. Dabei spiele es eine Rolle, ob die Wohnungen Fenster von Aufenthaltsräumen an unterschiedlichen Fassaden hätten. Die Simulationsrechnung werde ohne Vegetation (Bäume) durchgeführt. Als Ergebnis wird ausgeführt, dargestellt werde der „worst case“, also das Szenario mit der maximalen Verschattung des Seniorenwohn- und Pflegeheims, verursacht durch die drei geplanten Gebäude im WA1. Dieser bestehe am 21.3. Im Folgenden wird dann (lediglich) auf eine auf Seite 4 befindliche Abbildung verwiesen, in denen in verschiedenen Schattierungen die Sonnenscheindauer im Umkreis des Gebäudes der Antragstellerin farblich dargestellt wird. Weiterhin heißt es in der Studie (wörtlich): „Westfassade, Südecke 3-4 h Besonnung (helles grün) im Erdgeschoss und 1. Obergeschoss. Südfassade, westlicher Bereich: Besonnung zwischen 1,5 h (grün) und 4 h (gelb) im Erdgeschoss. Hier liegen keine Aufenthaltsräume.“ Als Fazit wird auf Seite 4 lapidar angeführt, die Mindestanforderungen für die Besonnung nach der EU-Norm werde durch die Planung im WA1 nicht gefährdet.
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Diese Ausarbeitung von K. ist zur ausreichenden Analyse der Auswirkung auf die Besonnungsverhältnisse bei Realisierung der Festsetzungen des Bebauungsplans ungeeignet, weil sie pauschal und undifferenziert ist.
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Für eine aussagekräftige Beurteilung der Frage, in welchem Umfang das auf dem Grundstück der Antragstellerin befindliche Seniorenwohn- und Pflegeheim durch die drei Wohngebäude verschattet wird, ist es erforderlich, zunächst den „Ist-Zustand“ der Belichtungsverhältnisse für das Bestandsgebäude der Antragstellerin zu ermitteln. Dieser Zustand dürfte dadurch geprägt sein, dass der an das Flurstück der Antragstellerin (Flurstück 4/1) angrenzende südliche Bereich (Flurstück 17/6) derzeit unbebaut ist und daher von dieser Seite aus bisher keine Verschattung durch Baulichkeiten im Plangebiet vorliegt. Dem „Ist-Zustand“ gegenübergestellt werden müssten im Rahmen der Analyse dann in einem weiteren Schritt die nach den Festsetzungen im Bebauungsplan maximal möglichen Baukörper, die das festgesetzte Baurecht aus Sicht der Antragstellerin zu deren Nachteil weitest möglich ausschöpfen.
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Diese Vorgehensweise lässt die der Abwägung der Antragsgegnerin zugrunde gelegte Verschattungsstudie von K. aber vermissen, denn sie weist lediglich eine rudimentäre Projektion des Zustandes bei Realisierung des Planvorhabens auf.
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Die im Gutachten auf Seite 4 im ersten Satz aufgestellte Behauptung „Alle anderen Höhen und Termine gemäß der EU-Norm ergeben für das Altenwohn- und Pflegeheim eine längere Besonnung“ wird nicht näher erläutert und plausibilisiert.
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Die dort getroffenen Aussagen werden durch das von der Antragstellerin im Verfahren eingereichte Besonnungsgutachten des L., Dr.-Ing. Goretzki vom 14.10.2020 widerlegt oder zumindest in Frage gestellt.
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Das im Vergleich zu der inhaltlich lediglich 2 ½ Seiten umfassenden Verschattungsstudie von K. wesentlich aussagekräftigere, 21 Seiten lange Besonnungsgutachten kommt zu dem Ergebnis, dass der Bebauungsplan gegenüber dem vorher bestehenden Planungsrecht zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Besonnung des Senioren- und Pflegeheims führt. Um die Auswirkungen des angegriffenen Bebauungsplans auf das Seniorenheim zu erfassen, wurde hier zum Vergleich die Besonnungsdauer unter Zugrundelegung des vorherigen Bebauungsplans Nr. ....06.00 („H.“) ermittelt (Ist-Zustand). Die Gebäude innerhalb des WA 1 im Planumgriff des angegriffenen Bebauungsplans wurden unter Ausschöpfung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung und der überbaubaren Grundstücksfläche modelliert. Die Verschattungsstudie, die der Antragsgegnerin bei der Abwägung vorgelegen hat, lässt dagegen eine Gegenüberstellung beider Situationen vermissen. Aber erst nach einer Gegenüberstellung der gewonnenen Erkenntnisse über die jeweiligen Besonnungsverhältnisse (Ist-Zustand und Soll-Zustand) kann im Rahmen der Abwägung entschieden werden, ob die zu erwartende Verschattungswirkung nach der gebotenen wertenden Gesamtbetrachtung im Einzelfall hinzunehmen ist.18
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Hiervon abgesehen spricht auch die in einer Tabelle in dem von Dr. Goretzki erarbeiten Gutachten dargestellte Besonnungsdauer mit Gewicht gegen die Auswertung in der Verschattungsstudie von K..
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In dieser Tabelle ist die Besonnungsdauer nach DIN 5034-1 (1999) am 17.1. in den jeweiligen Räumen bzw. Wohneinheiten (Doppelzimmer) in Fassadenebene sowohl nach dem alten Bebauungsplan Nr. 160.06.00 als auch nach dem hier in Streit stehenden Bebauungsplan Nr. ....06.01 (2019) dargestellt und die festzustellende Veränderung in einer weiteren Rubrik in Prozent ausgedrückt. Hierbei kommt die Analyse der Besonnungsdauer in dem Gutachten von Dr. Goretzki. zu dem Ergebnis, dass das Seniorenpflegeheim bei einer dem vorherigen Bebauungsplan entsprechenden Bebauung selbst im Erdgeschoss, mit Ausnahme des Raums 011 (Aufenthaltsraum Küchenpersonal), mit mehr als 2,77 h die nach DIN 5034-1 geforderte Mindestbesonnungsdauer von 1 h am 17.1. deutlich übertreffen konnte. Bei einer dem neuen Bebauungsplan entsprechenden Bebauung und Bepflanzung des Flurstücks 17/6 werde auf der Westseite im EG und im 1. OG eine im Sinn der DIN 5034-1 „ausreichende Besonnungsdauer“ durchgängig im 2. OG bei den Räumen 111 bis 115 sowie im 3. OG bei den Räumen 311 bis 315 und im 4. OG bei Raum 411 infolge Verschattung durch die Bebauungsplanänderung verfehlt. Auf der Ostseite verfehlten im 1. OG, 2. OG und 3. OG die Räume x06 bis x10, im 4. OG die Räume 407 bis 410 sowie im 5. OG Raum 510 eine im Sinn der DIN 5034-1 „ausreichende Besonnungsdauer“. Bei insgesamt 64 von 112 Räumen/Wohneinheiten vermindere sich die Besonnungsdauer um mehr als 33 %. Damit werde bei diesen Räumen die Grenze der Zumutbarkeit der Beeinträchtigung überschritten. Insgesamt verfehlten 37 Räume bzw. Wohneinheiten eine „ausreichende Besonnungsdauer“ infolge der Änderung des Bebauungsplans. Das Gutachten von Dr. Goretzki. enthält weiterhin eine Analyse der Besonnungsdauer zur Tag-/Nachtgleiche am 21.3. und 23.9. in einer Tabelle, die eine Gegenüberstellung der Situation des alten Bebauungsplans mit dem neuen Bebauungsplan darstellt. Im Ergebnis verlören zur Tag-/Nachtgleiche zumindest 14 Räume bzw. Wohneinheiten eine im Sinn der DIN 5034-1 „ausreichende Besonnungsdauer“ infolge der beabsichtigten Planung. Bei 15 Räumen sei eine Verminderung der Besonnungsdauer um mehr als 30 % zu erwarten.
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Vor diesem Hintergrund bestehen erhebliche Zweifel daran, dass die Vorgehensweise in der Verschattungsstudie von K. methodisch richtig und im Ergebnis schlüssig ist.
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Dahin gehen auch die Ausführungen des Dr. Goretzki. in seinem Gutachten unter der Rubrik 5.3, in dem er sich mit dem Besonnungsgutachten K. auseinandersetzt und kritisiert, dass dieser Studie jede Darlegung der Modellbildung und der Berechnungsmethode fehlt. Außerdem merkt Dr. Goretzki. an, dass die Berechnung der Besonnungsdauer im Gutachten K. nicht gemäß EN 17037 in Fenstermitte auf Ebene der raumseitigen Fensterinnenwand, sondern abweichend auf einer horizontalen Fläche vor der Fassade erfolgt ist, woraus sich im Ergebnis eine signifikant gegenüber der Fensterinnenwandebene überhöhte Besonnungsdauer ergibt. Weiterhin kritisiert Dr. Goretzki., dass der gewählte Zeitpunkt 21.3. anders als im Gutachten K. dargestellt keinesfalls den Worst-Case für die Besonnung und Abschattung darstellt, da mit steigendem Sonnenstand vom 1.2. bis 21.3. die Verschattungswirkung geringer und die tägliche Besonnungsdauer länger wird. Für den Worst-Case-Fall wäre entsprechend EN 17037 der 1.2. und der späteste Termin 21.3. heranzuziehen. Die dargelegten Zweifel an der Tragfähigkeit der dem Stadtrat der Antragsgegnerin bei der Abwägung zugrunde liegenden Verschattungsstudie werden auch nicht durch die Stellungnahme von K. vom 28.10.2020 und der U. vom 27.10.2020 ausgeräumt, wonach die Besonnungszeiten eingehalten würden.
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Unabhängig von der Frage, ob und inwieweit der Schattenwurf der zu pflanzenden Bäume zu berücksichtigen war, bleibt jedoch festzuhalten, dass die Verschattungsstudie von K., wie sie zum damaligen Zeitpunkt dem Stadtrat vorlag, insgesamt dürftig, undifferenziert und inhaltlich nicht aussagekräftig war. Dies betrifft insbesondere den Zeitpunkt, da dort lediglich die Situation am 21.3. geprüft und durchaus irreführend als „worst case“ bezeichnet wurde, aber auch die konkrete Verschattungssituation in Bezug auf die einzelnen Räume des Senioren- und Pflegeheims. Die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Stadtrates der Antragsgegnerin vorliegende Verschattungsstudie der K. bot daher keine ausreichende Grundlage, um die Verschattungsproblematik mit dem ihr zukommenden Gewicht in die Abwägung einzustellen.
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Dieser Mangel bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials ist auch nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlich, weil er auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist. Nach dieser Vorschrift ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften des Baugesetzbuchs für die Rechtswirksamkeit der Satzungen nach dem Baugesetzbuch nur beachtlich, wenn entgegen § 2 Abs. 3 BauGB die von der Planung berührten Belange, die der Gemeinde bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt oder bewertet worden sind und wenn der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis des Verfahrens von Einfluss gewesen ist. Belange, die für die Gemeinde bei der Entscheidung über den Plan nicht erkennbar waren, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht abwägungsbeachtlich; was die planende Stelle nicht "sieht" und nach den gegebenen Umständen nicht zu "sehen" braucht, kann und muss sie bei der Abwägung nicht berücksichtigen. Hat die Gemeinde hingegen einen von der Planung berührten Belang in einem Punkt, der in der konkreten Planungssituation für die Abwägung von Bedeutung war, nicht zutreffend ermittelt oder bewertet, ist dieser Punkt "wesentlich". Ein solcher Mangel ist beachtlich, wenn er offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen ist. Letzteres ist der Fall, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Vorgang die Planung anders ausgefallen wäre; eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann. Das ist hier der Fall, denn die Antragsgegnerin hat aufgrund der Einwendung der Antragstellerin im Rahmen der öffentlichen Auslegung erkannt, dass deren Belang an der unbeeinträchtigten Nutzung ihres Grundstückes durch die Veränderung der Lichtverhältnisse und mögliche Verschattungen aufgrund der geplanten Gebäude negativ betroffen sein könnte. Um diese Bedenken auszuräumen, wurde die Verschattungsstudie vom 11.4.2019 der K. erstellt. Dies zeigt, dass die Antragsgegnerin selbst davon ausgegangen ist, die von der Planung berührten Belange der Antragstellerin nur abwägen zu können, wenn die Frage der Verschattungsproblematik geklärt ist. Die Frage betraf daher einen wesentlichen Punkt im Sinne des § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB. Was den Einfluss des Fehlers auf das Abwägungsergebnis anbetrifft, kann von einem solchen wie erwähnt bereits dann ausgegangen werden, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre. Das fachliche Bewerten des Abwägungsmaterials stellt zugleich die „materielle“ Abwägung selbst dar. Sobald Mängel des Ermittelns und Bewertens des Abwägungsmaterials auf das Abwägungsergebnis Einfluss haben, liegt - unbeschadet des § 214 Abs. 2 Satz 2 BauGB - zugleich ein materieller Abwägungsfehler vor. Es kommt einerseits nicht auf den positiven Nachweis eines Einflusses auf das Abwägungsergebnis an, auf der anderen Seite genügt aber auch nicht die abstrakte Möglichkeit, dass ohne den Mangel anders geplant worden wäre. Im vorliegenden Fall hat der Stadtrat der Antragsgegnerin die Einwendungen der Antragstellerin im Hinblick auf die Verschattungsproblematik aufgrund der Verschattungsstudie vom 11.4.2019 der K. mit der Begründung zurückgewiesen, die Mindestanforderungen für die Besonnung nach der EU-Norm würden durch die Planung im WA1 nicht gefährdet (vgl. u. a. auf S. 15 unten im Abwägungsspiegel). Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die Antragsgegnerin anders geplant hätte, wenn sie den hier in Rede stehenden abwägungsbeachtlichen Belang der Antragstellerin, das drittbezogene Gebot der Rücksichtnahme in ausreichendem Maße ermittelt und bewertet hätte.
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Dieser Fehler bei der Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials führt zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplans. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen - nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften (vgl. auch § 139 BGB) - dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit eines Bebauungsplans führt, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und außerdem hinzukommt, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte. Dies ist hier nicht der Fall, weil ein dem Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB) genügender Abwägungsvorgang im Hinblick auf die Belange der Antragstellerin nicht möglich ist, solange offen ist, welche Auswirkungen die geplanten Gebäude auf die Besonnung des Alten- und Pflegeheims haben. Darüber hinaus ist die Anordnung der (hier konkret geplanten) Punkthäuser wesentlicher Bestandteil des einheitlichen planerischen Gesamtkonzepts der Antragsgegnerin und lässt sich nicht in zwei selbständige Teile (WA1 und WA2) aufteilen.